Darm und Psyche Ratgeber

darm-und-psyche-ratgeber-dr-phil-philipp-weidenbecher

Darm und Psyche

Milliarden von Bakterien leben im Darm des Menschen. Diese Bakterien enthalten mehr als einhundertmal so viele Gene wie der Mensch. 95 Prozent der Bakterien sind nützlich und schützen vor verschiedenen Krankheiten und stärken das Immunsystem. Nur zehn Prozent der Informationen gehen vom Gehirn zum Darm, und der Darm kommuniziert sehr viel mit dem Gehirn. Daher hat der Darm einen stärkeren Einfluss auf die Psyche als umgekehrt.

Er kann das Lernen verbessern und die Stimmung beeinflussen, Craving und Suchtverhalten auslösen, und er steuert, ob wir hungrig oder satt sind. Bakterien im Darm bilden wichtige Hirnbotenstoffe und Darmhormone können Angst verursachen. Es wurde diskutiert, ob der Darm in der Therapie verschiedener psychischer Erkrankungen relevant sein könnte. In einer Untersuchung haben Forscher der Universitätsmedizin Mannheim (UMM) und des European Molecular Biology Laboratory (EMBL) Heidelberg gezeigt, dass es scheinbar Stoffwechselprodukte bestimmter Bakterienarten sind, die aufgrund einer Erkrankung die Darmflora verändert haben. Diese Bakterienarten können bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen Symptome außerhalb des Darms wie Erschöpfung und psychische Probleme verursachen.

Sie fanden auch heraus, dass nicht die Vielfalt der Bakterien, sondern spezifische Veränderungen des Mikrobioms – bestimmte Bakteriengattungen und ihre Stoffwechselaktivitäten – mit Erschöpfung und Depressionen zusammenhängen: Es scheint, dass die Anzeichen häufiger auftreten, wenn aufgrund einer chronisch-entzündlichen Erkrankung Bakteriengattungen fehlen, die in der Lage sind, kurzkettige Fettsäuren (SCFA) zu produzieren.

Wie kann der Darm die Emotionen und Psyche beeinflussen?

Erst seit wenigen Jahren verstehen Wissenschaftler, wie unser Darm und sein Mikrobiom mit unserem Gehirn kommunizieren. Stengel, der als Oberarzt und stellvertretender Ärztlicher Direktor am Universitätsklinikum Tübingen arbeitet, erklärt, dass die beiden Organe eng miteinander verbunden sind. Sie sind direkt über Nerven miteinander verbunden. Aber auch über Botenstoffe, die im Blut zirkulieren.

Studien zeigen, dass Darm und Gehirn nicht nur miteinander kommunizieren, sondern sich auch gegenseitig beeinflussen. In den letzten zehn Jahren hat die Forschung gezeigt, dass Darmbakterien unsere Gefühle und kognitiven Fähigkeiten beeinflussen können. Einige Bakterien produzieren zum Beispiel Oxytocin, ein körpereigenes Hormon, das soziales Verhalten fördert. Andere Bakterien produzieren Stoffe, die Angst und Depressionen auslösen.

Vor allem im Tierversuch konnte ein Zusammenhang zwischen Darm und Psyche nachgewiesen werden. In Experimenten wurde der Stuhl von ängstlichen Mäusen auf keimfreie Mäuse ohne Mikrobiom übertragen. Diese entwickelten daraufhin einen ängstlichen Phänotyp, so Stengel, der sich seit 20 Jahren mit der Darm-Hirn-Achse beschäftigt. Mäuse mit psychischen Erkrankungen oder Übergewicht zeigen das gleiche Verhalten.

Laut einer Neurowissenschaftlerin vom UT Southwestern Medical Center in Dallas unterscheidet sich das Mikrobiom gesunder Probanden von dem von Menschen mit Stoffwechselstörungen, psychischen oder neurologischen Erkrankungen. Der Zusammenhang zwischen den beiden Organen wird bereits seit zwei Jahrzehnten erforscht. Die Darmbakterien stehen nach Ansicht der Forscher insbesondere mit Krankheiten oder Störungen wie Alzheimer, Parkinson, ALS oder Autismus in Verbindung. Ein Beispiel ist die Substanz Synuclein, die bei Parkinson-Patienten im Gehirn gefunden wird, von Darmbakterien produziert wird und über Nerven vom Darm ins Gehirn gelangen kann.

Darm – Depression

Die richtige Ernährung kann die Stimmung langfristig beeinflussen. Eine Untersuchung aus Australien ist bemerkenswert. Die Entdeckungen der Wissenschaftler in Down Under werden von Lang erläutert: Es wurde festgestellt, dass die Ernährung von Patienten mit Depression um 30 % verbessert wird, wenn sie ihre Ernährung ändern. Ein außergewöhnlicher Effekt! Hormone gehören zu den Substanzen, die die Bakterien im Darm freisetzen. Diese verbinden Darm, Bakterien und Gehirn und beeinflussen unsere Stimmung. Langjährige Erfahrung hat gezeigt, dass eine Kohlenhydratarme Ernährung im Mittelmeerraum die Stimmung verbessert. Im Gegensatz dazu sind Fette und Zucker Stimmungstöter. Aber warum reagiert unser Gehirn auf Darmhormone? Unser erstes Gehirn befand sich im Bauch, nicht im Kopf.

Kommunikation zw. Darm und Gehirn

Einerseits überträgt der Darm zahlreiche Informationen über die aufsteigenden Nervenbahnen zum Gehirn. Es ist immer auf dem Laufenden über die Ereignisse im Verdauungstrakt, tritt jedoch nur im Ernstfall ein, wie z.B. bei Vergiftungen. Es ist faszinierend, dass der Darm etwa neunmal so viele Informationen nach oben sendet, wie er selbst auf Anweisungen vom Gehirn reagiert. Neben dem Nervensystem haben auch Botenstoffe wie Hormone oder Neurotransmitter aus dem Darm Auswirkungen auf die Funktionsweise des Gehirns.Das Gehirn wäre tatsächlich überfordert durch die immensen Informationen aus dem Darm. Daher speichert es nur die meisten Signale, lässt sie jedoch nicht bis zur Hirnrinde durchdringen. Wir würden jede Bewegung im Verdauungstrakt spüren, wäre das nicht der Fall. Es würde sehr unangenehm sein, da der Verdauungstrakt ständig in Bewegung ist.

Darm und seelische Gesundheit – der Zusammenhang

Es bestehen definitiv enge Verbindungen. Das ist uns schon lange bekannt. Laut der allgemeinen Meinung ist ein gesunder Geist in einem gesunden Körper zu finden („Mensa sana in corpore sano“). In den letzten Jahren wurden faszinierende neue wissenschaftliche Erkenntnisse über die Beziehung zwischen dem Magen-Darm-Trakt und dem Gehirn entdeckt. Obwohl unsere Gefühle durch Verarbeitungsprozesse und Empfindungen im Kopf entstehen. Seit einigen Jahren ist jedoch bekannt, dass auch der Verdauungstrakt Nervenzellen, Signale und Neurotransmitter besitzt. Außerdem kommuniziert dieses Bauchhirn intensiv mit unserem Kopfhirn. Die Bakterien in unserem Darm sind auch für das zentrale Nervensystem wichtig, genauso wie das Immunsystem, das die meisten seiner Zellen im Darm hat. Und wir erkennen immer mehr, wie stark diese Systeme sich gegenseitig beeinflussen, auch mit Auswirkungen auf unsere psychische Gesundheit.

Divertikulitis und Psyche

Die Verbindung zwischen Divertikulitis und psychischer Gesundheit ist kompliziert und kann auf verschiedene Weise verstanden werden. Divertikulitis ist eine Erkrankung des Dickdarms, bei der sich kleine Ausstülpungen oder Divertikel im Darm entzünden und Bauchschmerzen, Fieber, Übelkeit und Veränderungen im Stuhlgang verursachen können. Die Darm-Hirn-Achse ist ein kompliziertes Kommunikationssystem zwischen Darm und Gehirn, das über Hormone, Nervenimpulse und Immunreaktionen verläuft. Störungen in dieser Achse können zu einer verstärkten Darmentzündung führen, was das Risiko für Divertikulitis erhöhen kann. Psychische Probleme wie Angst und Depressionen können die Darm-Hirn-Achse beeinflussen, was das Risiko für Divertikulitis erhöht.

Gestörte Darmflora –  Symptome der Psyche

Tatsächlich kann eine gestörte Darmflora, auch Dysbiose genannt, die Psyche beeinflussen und eine Vielzahl von psychischen Symptomen verursachen. Dies liegt daran, dass der Darm eine komplexe Rolle bei der Steuerung von Neurotransmittern spielt, die wiederum die Stimmung und das Verhalten beeinflussen. Einige der psychischen Symptome, die mit einer gestörten Darmflora in Verbindung gebracht werden können, sind wie folgt:

  • Wenn der Darm ungesund ist, kann dies zu einem Ungleichgewicht von Neurotransmittern wie Serotonin führen, was die Angstsymptome verstärken kann. Der Darm produziert Serotonin, das häufig als „Glückshormon“ bezeichnet wird, und spielt eine wichtige Rolle bei der Steuerung der Stimmung.
  • Depressionen können auch durch ein gestörtes Gleichgewicht der Darmflora verursacht werden. Die Produktion von Neurotransmittern, die für die Stimmungsregulation wichtig sind, kann durch eine Dysbiose beeinträchtigt werden, was zu depressiven Symptomen führen kann.
  • Schwankungen der Stimmung können aufgrund einer gestörten Darmflora auftreten, die von Reizbarkeit bis hin zu plötzlichen Stimmungsschwankungen reichen können. Es ist möglich, dass dies auf die Interaktionen zwischen der Darmflora und dem Nervensystem zurückzuführen ist.
  • Eine gestörte Darmflora kann zu Problemen mit der Konzentration, dem Gedächtnis und der kognitiven Leistungsfähigkeit führen. Diese kognitiven Beeinträchtigungen können die Stimmung und das allgemeine Wohlbefinden beeinflussen.

Reizmagen – Psyche

Beschwerden im Magen, die nicht auf eine strukturelle oder anatomische Ursache zurückzuführen sind, werden als Reizmagen bezeichnet.

Eine gestörte Darmflora kann die Entwicklung eines Reizmagens beeinflussen. Stress, Ernährung und andere psychische Faktoren können die Zusammensetzung der Darmflora beeinflussen, was sich wiederum auf die Magengesundheit auswirken kann.

Stress, Angst und Depressionen können die Symptome eines Reizmagens verstärken oder auslösen. Dies liegt zum Teil daran, dass der Magen-Darm-Trakt eng mit dem Nervensystem verbunden ist, einschließlich des enterischen Nervensystems im Magen-Darm-Trakt, das auch als „zweites Gehirn“ bezeichnet wird. Angst und Stress können die normale Funktion dieses Nervensystems beeinträchtigen und zu Magenbeschwerden führen.

Menschen mit Reizmagen können auf emotionalen Stress mit ungesundem Essverhalten reagieren, z. B. mit übermäßigem Essen oder dem Vermeiden von Mahlzeiten. Dies kann die Reizmagensymptome verschlimmern..

Reizdarm – Psyche

Eine funktionelle Magen-Darm-Störung, die durch Bauchschmerzen, Blähungen, Durchfall, Verstopfung und andere Symptome gekennzeichnet ist, ist das Reizdarmsyndrom, auch bekannt als Reizdarmsyndrom (RDS) oder irritables Darmsyndrom (IBS). Der Zusammenhang zwischen Reizdarm und Psyche ist eng und komplex:

Bei Menschen mit Reizdarmsyndrom kann die Darmflora verändert sein. Stress, ungesunde Ernährung und andere psychische Faktoren können die Darmflora aus dem Gleichgewicht bringen und die Symptome des Reizdarmsyndroms verschlimmern.

Psychische Faktoren wie Stress und Angst sind wichtige Auslöser für Reizdarmsymptome. Bei Menschen mit Reizdarmsyndrom können sich die Beschwerden in Stress- oder Angstsituationen verschlimmern. Das liegt daran, dass die Darm-Hirn-Achse, ein komplexes Nervensystem, den Darm mit dem Gehirn verbindet. Stress und Angst können diese Achse beeinflussen und die Darmaktivität erhöhen.

Menschen mit Reizdarmsyndrom können auf emotionalen Stress mit ungesundem Essverhalten reagieren, z. B. mit übermäßigem Essen oder Essen, ohne etwas zu essen. Dies kann die Reizdarmsymptome verstärken.

Reizdarmsyndrom – Psyche

Das Reizdarmsyndrom (RDS) ist eine häufige Darmerkrankung, die eine Reihe von Symptomen wie Bauchschmerzen, Blähungen, Durchfall, Verstopfung und Stuhlgangsstörungen verursacht. Obwohl die genaue Ursache des Reizdarmsyndroms nicht vollständig verstanden ist, wird angenommen, dass eine Vielzahl von Faktoren, einschließlich psychischer Faktoren, eine Rolle spielen. Hier sind einige Möglichkeiten, auf denen das Reizdarmsyndrom mit der Psyche in Verbindung gebracht werden kann:

Auch spielt die Darm-Hirn-Achse eine wesentliche Rolle. Sie ist ein Kommunikationssystem zwischen Darm und Gehirn, das durch verschiedene Mechanismen funktioniert, darunter hormonelle und nervöse Signale. Symptome des Reizdarmsyndroms können durch Veränderungen in dieser Kommunikation verursacht werden. Die Symptome des Reizdarmsyndroms werden zusätzlich durch Stress und Angst verursacht. Der Darm ist eng mit dem Nervensystem verbunden, und psychische Stress kann die normale Funktion des Darmnervensystems beeinträchtigen, was zu einer erhöhten Empfindlichkeit des Darms führen kann.